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Geschichts-Studienfahrt der neunten Klassen nach Nürnberg und Dachau

07. Juni 2024

„Die Vergangenheit hat eine lange Zukunft“ (Ruth Weiss, Meine Schwester Sara)

Gerade in der heutigen Zeit, in der rechtsradikale und rassistische Propaganda immer stärker wahrgenommen wird, ist es wichtig, dem mit Fakten zu begegnen und aus der Geschichte für die Gegenwart zu lernen. Dies kann man am besten an den Orten, an denen Geschichte, in diesem Fall die nationalsozialistische, passiert ist.

Deshalb nehmen seit über zehn Jahren Neuntklässler unserer Schule an einer zweitägigen Studienfahrt nach Nürnberg und Dachau teil. Diese fand dieses Jahr für die Klassen 9a bis d am 2./3. Mai und für die Klassen 9e und 9s am 13./14. Mai  statt. Dabei liegt der Fokus nicht nur in der Betrachtung der Vergangenheit, sondern vor allem auch im Wunsch, den jungen Leuten Einsichten für ihr Handeln im Hier und Jetzt mitzugeben.

Dabei wird das Geschehen in den Konzentrationslagern nicht isoliert betrachtet, sondern mit dem Geschichtsunterricht des Jahres, aber auch während der Fahrt mit anderen Aspekten der Thematik verknüpft.

Außerdem werden verschiedene Arbeitsmethoden des Faches Geschichte (Erkundung, Museumsbesuch, Führung…) eingebunden.

Das Programm startet auf dem Reichsparteitagsgelände in Nürnberg. Die gigantischen Ausmaße des Areals lassen erahnen, warum die Menschen, speziell auch die jungen Leute, damals von den Parteiveranstaltungen begeistert waren. Und wenn die Schüler feststellen, dass sie vielleicht schon mal hier waren, zum Beispiel zu einem Fußballspiel oder bei Festivals wie „Rock im Park“, merken sie, dass die damaligen Geschehnisse nicht nur auf Seiten des Geschichtsbuchs stehen, sondern an realen, heute noch existierenden Orten stattgefunden haben.

Zur Erkundung wird die App „Actionbound“ benutzt, sodass die Schüler neben historischem Wissen auch noch im Suchen von sehenswerten Punkten mit GPS geschult werden.

Der Nachmittag widmet sich einem anderen Aspekt, der nur am Rande mit der Zeit des Nationalsozialismus zu tun hat. Mit finanzieller Unterstützung des Fördervereins unserer Schule wird die Klasse durch Fürth, eine Nachbarstadt Nürnbergs, geführt und erfährt, wie hier jüdisches Leben blühte, bis es in der Zeit des Dritten Reichs ausgelöscht wurde. Gerade der Gang über den jüdischen Friedhof beeindruckt die Schüler meist nachhaltig. Anders als auf christlichen Friedhöfen darf hier nämlich nicht Hand angelegt werden und so ist das einzige Zugeständnis an Besucher, dass einmal im Jahr das hohe Gras gemäht wird. Wenn man nicht kurz nach dieser Mähung kommt, muss man sich also durch Gras und Brennnesseln schlagen, um die gut erhaltenen Gräber, ebenso wie die von den Nazis zerstörten, ansehen zu können. Der Gabrielshof und  das Gründungs-Verlagshaus des Ullstein-Verlags zeigen, wie selbstverständlich Juden im 19. und frühen 20. Jahrhundert das Gemeinwesen mitgestalteten und förderten.

Natürlich darf bei diesem straffen Programm auch die Freude an der gemeinsamen Zeit in der Klassengemeinschaft nicht zu kurz kommen und so genießen die Klassen den Abend in Nürnberg meist in vollen Zügen. Dies ist kein Widerspruch zum inhaltlichen Schwerpunkt, sondern im Gegenteil das Lernziel der ganzen Fahrt: Mit anderen eine gute Zeit haben und dabei sie und ihre Eigenheiten tolerieren und respektieren. Und das kann man schließlich nirgends besser als bei einer gemeinsamen Klassenfahrt mit Übernachtung

Am zweiten Tag steht dann der eigentliche Gedenkstättenbesuch an, der sich in zwei Teile gliedert, eine Führung über das Gelände und eigene Recherche im Museum. Auch die wildesten Schüler verstummen angesichts dessen, was sie sehen und vor Ort erzählt bekommen. Der Weg führt sie vom Appellplatz über die Strafbaracke, den so genannten Bunker, zu den rekonstruierten Häftlingsbaracken. Der nächste Abstecher führt in die jüdische Gedenkstätte am Ende des Lagers, in der ähnlich wie im jüdischen Museum in Berlin ein Lichtstrahl zeigt, wie das Licht ins Dunkel einfällt.

Der sensibelste Teil der Gedenkstätte ist sicher das Krematorium mit der Gaskammer. Obwohl diese in Dachau nur in wenigen Ausnahmefällen benutzt wurde – die Gründe hierfür sind wissenschaftlich immer noch nicht geklärt – vermittelt der tiefe Raum einen Eindruck, wie beängstigend dies für diejenigen gewesen sein muss, die in einem identischen Raum ihr Leben lassen mussten.

Auf dem Rundgang entstehen viele Fragen bei den Schülern und im Lauf der Jahre kann ich mich an viele tiefgründige und interessante Diskussionen erinnern, ob Schüler von den kriegerischen Auseinandersetzungen in ihren Herkunftsländern berichten oder von der eigenen Familiengeschichte. Ein Junge erzählte vor ein paar Jahren gar: „Mein Großvater war selbst in Dachau.“

Abschließend besprechen wir mit den Schülern, warum wir – auch jetzt nach über 70 Jahren, in denen wir das Privileg haben, in Frieden zu leben – noch immer diese Fahrt für wichtig halten. Gerade der seit über zwei Jahren in der Ukraine tobende Krieg zeigt die Aktualität.

Folgendes wollen wir ihnen mitgeben.

  • Ich wehre mich gegen Hetze, Rassismus und Radikalismus in jeder Form.
  • Ich bin bereit, Menschen kennenzulernen, sie einzeln zu beurteilen und mir diese Chance nicht durch Vorurteile nehmen zu lassen.
  • Ich nehme meine durch die Demokratie gegebenen Rechte wahr, allen voran das Wahlrecht, und mische mich ein.
  • Ich stehe für eine tolerante Gesellschaft ein.
  • ….“DASS ES EIN DACHAU NIE WIEDER GIBT“ (Zitat aus dem Film der Gedenkstätte)

Wenn nur einige dieser Gedanken sich bei den Schülern festsetzen und sie danach handeln lassen, dann hat sich die Fahrt jedes Jahr wieder gelohnt!

 

 

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